
Egbert Hörmann (Mitglied des Berlinale Shorts-Auswahlkomitees) über „As Rosas Brancas“ („The White Roses“) von Diogo Costa Amarante
„Die Trauer (den Kummer) nicht unterdrücken (törichter Gedanke, dass die Zeit sie überwindet), sondern sie verändern, transformieren, sie aus einem statischen Zustand (…) in einen flüssigen Zustand überführen.“
(Roland Barthes, Tagebuch der Trauer)
Von der Präsenz der Abwesenheit, von der wohligen, sicher auch schuldhaft empfundenen Übersüße der Nostalgie, aber auch von der Verzweiflung über den Klebstoff, den das Leben zusammenhält, handelt As Rosas Brancas (Diogo Costa Amarante). Wie und was und warum festhalten, wie und was und warum loslassen, wenn man in einer Situation tief bewegt ist, dieser tiefen Bewegung doch gleichzeitig als ein erschrockener Fremder gegenübersteht?
Natürlich ist der Spielfilm seit seinen Anfängen mehr als erfüllt von Sterben und Tod (der amerikanische Film ist dabei besonders exzessiv obsessiv), seltsamerweise ist jedoch das Danach, die Trauerarbeit recht selten das Thema eines Films, allenfalls kommt da Drei Farben Blau von Krzysztof Kieslowski in den Sinn, aber sonst eigentlich nicht mehr viel. Es ist aber auch schwierig: Was sind die angemessenen Ausdrucksmittel, um Trauer/Trauerarbeit zu zeigen, ohne in das Konventionelle, das Klischee zu rutschen? Den Satz von Emily Dickinson „After great pain, a formal feeling comes“ übersetzt A Rosas Brancas wunderbar in symbolhafte, elegische Tableaux. Der Tod der Mutter wird nicht erklärt, wir können etwas ganz Schlimmes vermuten, er bleibt ein Geheimnis, nicht nur für uns, sondern auch für den Vater und die drei Kinder, die im Verlust eingefroren sind.
Egbert Hörmann