
Saskia Walker (Mitglied des Berlinale Shorts-Auswahlkomitees) über “Tant qu’il nous reste des fusils à pompe” (“As long as shotguns remain”) von Caroline Poggi und Jonathan Vinel
Ein Jugendlicher in einem südfranzösischen Pavillon-Viertel verliert im Hochsommer seinen besten Freund durch Selbstmord. Er beschliesst sich noch um seinen eigenen Bruder zu kümmern um dann dem Freund, der ihm noch als Geist nachgeht, in den Tod zu folgen. Der Bruder, bei dem man ein Kind erwartet, ist ein zielloser gewaltbereiter Mann, der Jugendliche schafft es ihm eine neue Familie zu finden die ihn versorgt: eine militärisch organisierte Strassengang, bei denen er Anerkennung (und Sex und Tattoos) finden soll. Die Aufnahmeprozedur ist militärisch, wie das französische „bizutage“ bei Studienanfängern. Der Neue wird zur Sau gemacht, dann ist er Mitglied.
Als Komödie wäre das zu ertragen, weniger als ernstgemeinter Spielfilm über gewalttätige sich langweilende junge Männer, dem bekannten Standardklischee. Wem nützt dieses simple, quasi träumerisch faschistoide Weltbild? Geht es nur um die Aufarbeitung des eigenen Kummers und der Feier, der tödlichen Langeweile von Bouloc (dem Geburtsort der einen Regiehälfte und Drehort in Midi / Pyrénees) entkommen zu sein? Ja der Film ist talentiert inszeniert, er hat einen bewussten und zielsicher eingesetzten Hang zu Pathos, gerne verstärkt durch geistliche Musik auf unerwarteten Bilder. Die Regie hat den Filmkanon studiert und zitiert frei. Die Haltung dieses von einem jungen Mann (Jonathan Vinel, 25) und einer jungen Frau (Caroline Poggi, 23) gemeinsam inszenierten Filmes erscheint mir schlicht, wie eine bittere Parodie: Suizid ist das Ziel, Waffen sind die einzige Stütze, Gewalt ist Rausch. Hauptsache alle sind gut versorgt. Und gezielte Provokationen haben noch nie einer Karriere geschadet.
Saskia Walker